Besucher:innen unseres Village Mutoto geraten meist ins Staunen, wenn sie das erste Mal das Gelände am Rande der Millionenstadt Lubumbashi betreten. Auch Blanka aus Berlin, die zurzeit in Kinshasa arbeitet, staunte bei ihrer Ankunft in Lubumbashi nicht schlecht. Nach ihrem zweiwöchigen Urlaub schickte sie uns diesen zauberhaften Reisebericht, den wir veröffentlichen dürfen:
„Seit Herbst 2020 lebe und arbeite ich – glücklicherweise fern vom corona-gebeutelten Europa – in Kinshasa, der Hauptsadt der DR Kongo. Im Mai klappte es mit meinem Urlaub im 2.300 km entfernten Lubumbashi. Den Aufenthalt im Kongo wollte ich natürlich nutzen, um auch das „Village Mutoto“ zu besuchen und die zweitgrößte Stadt des Landes kennenzulernen.
Glücklich machte ich im üblichen Gewühl des Flughafens Samuel Ntumba ausfindig, der mir mit Joella und einigen Kindern des Village Mutoto einen herzlichen Empfang bereitete. Nach kurzer Fahrt, vorbei an der überlebensgroßen Statue Laurent-Désiré Kabilas, dem ehemaligen Präsidenten, erreichten wir das Mutoto Village, schon von weitem am Banner zu erkennen.
Botanische Idylle
Die Ankunft war beeindruckend, das Gelände, die Gebäude, das ganze Projekt ist sehr viel größer, als ich erwartet hatte. Sogar ein kleiner botanischer Garten findet sich, nebst lateinischer und Kiswahili-Beschriftung der Bäume und Pflanzen. Dass nur vier Gärtner:innen diese Idylle bewirtschaften können, liegt an der tatkräftigen Mitarbeit einiger Ziegen und vieler Schulkinder, die auf diese Weise ihren praktischen Bio-Unterricht erhalten.
Mein Patenkind von Mutoto e.V. konnte ich persönlich kennenlernen. Sie stammt aus einer kinderreichen Familie, die – besonders für ihre Töchter – häufig nicht das Schulgeld zahlen können. Mutoto e.V ermöglicht ihr wie ungefähr einem Drittel der Schulkinder kostenlos eine durchgängige Schulbildung. Eine Freude zu sehen, wie gern die interessierte Elfjährige am Unterricht teilnimmt – und zwar mit gutem Erfolg, wie ihr Lehrer sagt. Sie möchte einmal Anwältin werden und schafft sich gerade die Basis dafür – ich drücke ihr alle Daumen!
Vor-, Grund- und weiterführende Schule sind in mehreren Gebäuden untergebracht. Zwei noch nicht ganz fertig, aber schon in Benutzung – da fehlen noch Fensterverglasungen, Verputz und die Gestaltung des Vorplatzes. Ich bin froh, mit meiner monatlichen Spende etwas dazu beisteuern zu können und gespannt auf die Fotos nach Fertigstellung. Die anderen Gebäude sind jedenfalls kunst- und liebevoll gestaltet – für die Nutzung durch über 1.300 Schulkindern zwischen 2 und 18 Jahren. Sie werden im Schichtsystem vor- bzw. nachmittags unterrichtet. Die Klassen sind sehr groß, teils 60 bis 70 Kinder – und die Lehrkräfte haben alle Hände voll zu tun, ein Mindestmaß an Disziplin zu wahren.
Offene, bunte und friedliche Atmosphäre
Alle Kinder, mit denen ich mich unterhalten habe, kommen offensichtlich gern hierher. Es herrscht eine offene, bunte und friedliche Atmosphäre. Mit viel Sport- und Akrobatikunterricht, was insbesondere den Mädchen zugutekommt, die sich hier frei und selbstbewusst äußern und bewegen und auch auf dem Bolzplatz mitmischen.
Das Village Mutoto ist im Viertel gut eingebunden und wird geschätzt für seinen sozialen Anspruch. Beispielsweise gibt es an die Nachbarschaft bei Bedarf Wasser aus seinem Reservetank ab – kostenlos – was hier nicht üblich ist! Die Trockenzeit hat begonnen und so kommen neben den ständigen Stromausfällen auch zunehmend Unterbrechungen der Wasserversorgung hinzu (NB: Leitungswasser hat hier keine Trinkwasserqualität). Glücklicherweise ist das Village Mutoto mit Wassertank und eigener Pumpe hier autonom.
Ein Zeichen lebendiger Solidarität
Neben den laufenden Baustellen sind da noch viele Ideen mehr in der Pipeline: Die Vorschule für die Jüngsten sollte wegen großer Nachfrage vergrößert werden und eine Verpflegungseinheit bekommen. Die Community Radio Station möchte wiederbelebt werden, und der eine oder andere Lehrer träumt davon, geeigneten Schüler:innen den Weg in die Universitäten zu ebnen – diesem Team ist das zuzutrauen, unschlagbar in seiner Energie und Tatkraft haben sie in den vergangenen 20 Jahren so vieles auf die Beine gestellt. Und die Strahlkraft des Projekts kann man kaum hoch genug einschätzen. Nicht nur profitieren seit Jahren Hunderte von Schulkindern davon oder die Netzwerke in der Nachbarschaft und mit den anderen Privatschulen der Stadt. In dieser an Rohstoffen, grenzenloser Ausbeutung, Gewalt und Armut so reichen Gesellschaft setzt es ein Zeichen möglicher lebendiger Solidarität, ein unbezahlbarer Lichtblick unter den hiesigen Bedingungen.
Ich danke dem Village Mutoto von Herzen für diesen wundervollen Aufenthalt und viele neue Eindrücke, vor allem möchte ich mich bedanken bei Samuel für die geduldige Beantwortung zahlloser Fragen und Ermöglichung aller Extrawünsche; bei Joella und den beiden Kindern für die temporäre angenehme Wohngemeinschaft; Ihr und Mama Ngalula fürs „Restaurant quatres etoiles“ , den unerschöpflichen Nachschub an Fufu und Makemba, und dass sie mich über die Märkte geschleppt, und vor allem, dass sie mich dort auch wieder herausgelotst haben. Und überhaupt dem ganzen Team und allen Beteiligten für die Kiswahili-Nachhilfe und all den Spaß, den wir hatten.“
Blanka („Muzungu“), Mai 2021
Comments by Gunda Klöpping